Bloggerevents: Kostenloser Corporate Content Dank Event?
Drei Dinge haben den Ausschlag für diesen Beitrag gegeben – ein Event mit Follow-up Mail, welches ich als Blogger im Nahmen meines Reiseblogs snoopsmaus.de besuchte, ein von Bloggern für Bloggern veranstaltetes Event und der Beitrag von Carina auf Um 180 Grad (Leseempfehlung!).
Danke also für die Inspiration.
Leider sind diese Events bei Weitem nicht die Einzigen ihrer Art. Gerade das ist das Ausschlaggebende, warum dieser Beitrag dringend nötig ist. Denn so kann es nicht weitergehen, liebe Agenturen und Firmen!
Doch von Anfang an…
Event #1 – Event mit Follow-up-Mail
Ich wurde im Auftrag einer Agentur zu einem Bloggerevent (Samstag/Sonntag) einer namenhaften Firma eingeladen. Zuerst kam eine erste Mail, ob ich mir überhaupt eine Zusammenarbeit vorstellen könnte, was ich bejahte. Dann kam ein kleines Vorabpaket mit ein paar Goodies und der ersten dicken, fetten Überraschung: die Verzichtserklärung mit Abtretung und Übertretung meiner Bildrechte. Da war ich schon drauf und dran, das Event abzusagen. Doch einige Mails zwischen mir und der verantwortlichen Agenturansprechpartnerin beruhigten mich etwas. Sie nahmen mir aber nicht alle Zweifel und ich beschloss, nur wenige Fotos auf dem Event zu schießen. Die DSLR kam zwar mit für Fotos in der „freien Zeit“, aber während des Events nutzte ich nur mein iPhone.
Das ist zwar von mir auch nicht ganz astrein, aber besser als hochauflösende Vollformatphotos zu schießen, aus diesen gute Bilder auszuwählen, stundenlang zu bearbeiten und dann nie wieder verwenden zu dürfen, weil man die kompletten Nutzungsrechte abgegeben und keine Kontrolle mehr über die Verwendung hat.
Kleiner Auszug aus der Verzichtserklärung:
„Hiermit übertrage ich unwiderruflich sämtliche Rechte für jegliche Nutzung und Veröffentlichungen für die von mir im Rahmen des Events gemachten Aufnahmen an Firma xyz. Ich bin einverstanden und willige unwiderruflich ein, dass die von meiner Person im Rahmen des Events gefertigten Aufnahmen/Fotos/Bilder ohne zeitliche, örtliche und inhaltliche Beschränkung von xyz veröffentlicht, insbesondere in das Internet gestellt werden und übertrage hiermit das Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Ausstellungsrecht an den von meiner Person im Rahmen des Events gefertigten Aufnahmen/Fotos/Bildern unwiderruflich und ohne zeitliche Beschränkung an Firma xyz.
Firma xyz darf die produzierten Aufnahmen ohne jede zeitliche, örtliche und inhaltliche Einschränkung durch Dritte ungeachtet Übertragungs-, Träger- und Speichertechniken publizistisch zur Illustration und zu Werbezwecken verwenden.“
Beim Event selbst fühlte ich mich etwas deplatziert. Anscheinend war ich die älteste Bloggerin in der Runde und bekam auch keinen Draht zu den meisten anderen Anwesenden. Dies ist aber ganz klar mein Problem.
Leider war die Planung des Events nicht so ganz klar kommuniziert:
- Plötzlich stand ein Videoteam neben mir und wollte Fragen zum Event beantwortet haben – davon war vorher keine Rede.
- Es gab eine Challenge, bei der nicht nur ich mir gewünscht hätte, dass wir davon vorab das Thema gewusst hätten. Dann hätten wir uns besser vorbereiten können. Ich selbst war vorher nur einmal kurz in der Stadt und plötzlich sollte ich ein Highlight innerhalb von wenigen Stunden herausfinden, auf Twitter/Instagram mit entsprechendem Hashtag posten und dann konnte ich einen nicht genannten Preis für das beste Foto gewinnen – Ziel: pushen des Corporate Hashtags und für mich die Aussicht auf eine subjektive Bewertung meines Fotos. Content auf Druck, an dem die Firma hinterher auch noch alle Verwertungs- und Nutzungsrechte hat. Danke, aber nein Danke.
- Transport vom/zum Flughafen war nicht geklärt – ich habe jetzt meine Reisekosten eingereicht.
- Vor Ort wurde eine Plattform vorgestellt, die erst gelauncht wird und für die wir anwesenden Blogger Inhalte kostenfrei liefern sollen. Weil wir vor Ort Highlights gesammelt haben, könnten wir doch daraus einen Beitrag generieren und so von der (noch nicht vorhandenen) „Reichweite“ profitieren – darüber wurde von Seiten der Organisatoren vorab auch kein Wort verloren.
- Auch stand auf dem Programm eine Verabschiedung. Hmm, außer dass man sich in der Hotellobby sammelte, fiel dieser Punkt wohl irgendwie ins Wasser. Die Verantwortliche von Seiten der Firma war schon unterwegs nach Hause, die vier oder fünf Agenturleute sagten auch nur kurz Tschüß und das war’s dann. Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich da und wusste auch nichts mehr mit mir anzufangen – das hinterließ einen fahlen Beigeschmack.
Die Follow-up-E-Mail
Am Freitag nach dem Event erhielt ich dann eine Follow-up-E-Mail zum Event. Grundsätzlich finde ich das eine gute Idee von Firmen, um sich noch einmal für die Teilnahme zu bedanken, das Event noch einmal zusammenzufassen und noch einmal nachfragen, ob denn alles zur Zufriedenheit war.
In diesem Fall ging man leider wie selbstverständlich davon aus, dass es kostenlosen Content für die neue Plattform geben würde.
„Du hast dir bei der Challenge ein Highlight ausgesucht und wir würden uns freuen, deinen Beitrag zu lesen und diesen in unseren kleinen Reiseführer „15 Tipps für xyz“ zu integrieren. Es wäre deshalb toll, wenn du uns deinen Artikel samt Fotos (ca. 150 Wörter) bis Dienstag zuschicken könntest.“
Wiederum wurde am Blogger vorbei kommuniziert:
- Ich habe mich unter Druck gesetzt gefühlt. Von Freitagmittag bis Dienstag einen Beitrag zu generieren ist möglich, aber dennoch bestimme ich meinen Zeitplan gerne selbst und nach vorheriger Ankündigung. Ein Wochenende ist für mich auch Erholung von meiner Arbeit, die ich auch nicht leichtfertig für einen Beitrag zur Seite schiebe. Ein „Schnell, Schnell“ bringt beiden Seiten nichts.
- Sowohl im Reiseblogger-Kodex, dem mein Blog angehört, als auch direkt auf meinem Blog steht unmissverständlich, dass Corporate Content nicht kostenlos ist, vor allem nicht für die firmeneigenen Plattformen. Wenn eine Firma sich eine Agentur leisten kann und auf ein Event mehrere Vertreter der Agentur mitnimmt, dann hat diese Firma auch ein Budget für exklusive Inhalte zur Verfügung.
- Seit dem Event bin ich verunsichert. Ich bin den kompletten Schriftverkehr durchgegangen, um diesen Passus zu finden, der mich zu den Inhalten verpflichtet oder das auch nur im Ansatz erwähnt. Das hat mich Zeit und Nerven gekostet und ich hätte mir eine bessere Kommunikation gewünscht. Ich verzichte nun darauf, auf der Plattform der Firma zu erscheinen.
Letztendliches Resultat: ich habe meine Reisekosten abgerechnet, meinen Standpunkt erläutert und werde in nächster Zeit wohl nicht mehr in den Genuss einer Kooperation mit dieser Marke kommen. Denn in der Verzichtserklärung steht:
„Ich verzichte auf Honorarzahlungen in jeglicher Form und erhebe keinerlei Ansprüche.“
Diese Vereinbarung akzeptiere ich natürlich. Das ist ein bindender Vertrag. Verträge und schriftliche Vereinbarungen sind sehr hilfreich, um im Vorfeld Erwartungen abzustecken und verbindlich festzuhalten.
Event #2 – von Bloggern für Blogger
Letztens war ich auch auf einem Treffen von Bloggern für Bloggern bei einer Firma. Die Firma durfte natürlich auch etwas zu ihren Social-Media-Aktivitäten erzählen. Lange Geschichte kurz: Da wir ja so fleißig vor Ort Fotos gemacht und die Firma kennengelernt haben, könnten wir doch gerne einfach darüber schreiben. Bitte dabei immer schön die Firmenseite/-accounts erwähnen. Kostenloser Content dafür, dass ich mir einen mittelprächtigen bis langweiligen Vortrag anhöre und mir den Abend mit kalorienreichen Snacks und Getränken versüße.
„Wir teilen das auch gerne auf unserer Facebook-Seite. Wir haben ja immerhin 6.000 Fans. So könnt ihr von unserer Reichweite profitieren.“
So spannend war die Firma nicht, dass ich darüber schreiben würde. Schon gar nicht, um kostenlosen Content zu generieren, da sie nicht zu meinen Interessen im Blog passt.
Natürlich war der krönende Abschluss auch hier eine Fotochallenge, um einen Corporate Hashtag zu pushen. Es gab auch wieder einen Preis zu gewinnen. Wir Blogger sind manchmal mit so wenig zufrieden zu stellen und als Contentschleudern zu mißbrauchen. Nicht.
Mythos Reichweite
Da ist es wieder gewesen, das Angebot von der Reichweite.
6.000 Facebook-Fans – diese Zahl ist eine potentiell mögliche Reichweite aufgrund der Profile und Accounts, die einem folgen. In manchen Fällen ist auch mehr möglich, wenn sich ein Posting überproportional verbreitet. Doch dies ist eher die Ausnahme statt die Regel. 6.000 Fans zu haben, heißt also nicht, dass diese 6.000 Menschen auch das Posting mit meinem Blogpost lesen oder es gar anklicken, um dann den Beitrag zu lesen. Es ist Augenwischerei, die meist ein leicht zu kontrollierendes, leeres Versprechen ist.
Ich sehe, woher die Clicks kommen und ich sehe, wie viele Clicks ich auf einen Beitrag habe. Nur, weil eine Seite meinen Link teilt, habe ich noch keine neuen Leser und schon gar nicht dauerhaft neue Leser. Die Seite aber hat kostenlosen Content für ihren Kanal oder ihre Kanäle. Ohne großes Zutun ist der Redaktionsplan wieder gefüllt mit mehreren Inhalten verschiedener Blogger.
Rechenbeispiel: Sagen wir mal, es waren 15 Blogger anwesend und jeder schreibt etwas aus einer anderen Perspektive, so hat die Firma also 15 verschiedene Inhalte für z.B. 15 verschiedene Tage mit ein paar Snacks, einer halben Stunde Vortrag und etwas Langeweile „eingekauft“. Dafür haben die Blogger vielleicht 2-3 Stunden an dem Text gesessen, 2-3 Stunden Bilder ausgesucht und bearbeitet und versucht, ein paar Leser über ihre eigenen mühsam aufgebauten Kanäle zu erreichen. Während die Firma, die Tausende von Mitarbeitern weltweit und eventuell sogar einen Social-Media-Manager bezahlt, für die nächsten zwei Wochen kaum Geld und Hirnschmalz in einen Redaktionsplan stecken muss.
Die Zielgruppen stimmen darüber hinaus meist nicht überein. Das ist anders, wenn es um z.B. einen Roundup-Post zwischen Bloggern geht. Da ist die Zielgruppe sich viel ähnlicher. Bei der Facebook-Seite einer Firma ist ein Leser eher an den Informationen zur Firma oder einem Produkt interessiert, nicht an einem Reise-, Food- oder Lifestyleblog.
Fazit
Reichweite ist ein Mythos. Er bezahlt keine Miete und es generiert auch zumeist keine neuen Leser für den Blogger. Letztendlich bringt ein Beitrag auf einem Corporate Portal, einer Corporate Seite oder einem Corporate Social-Media-Account nur einem etwas: der Firma. Sie wollen aber ein gesundes Verhältnis zu Bloggern, dann planen Sie für Inhalte ein Budget ein. Bezahlen Sie Blogger für Ihre Firmeninhalte, wie Sie auch Ihre Angestellten bezahlen, die Arbeit für Sie liefern.
Kommunikation ist dabei übrigens das A und O. Kommunizieren Sie offen, was alles bei einem Event geplant ist und welche Erwartungen Sie an die Blogger haben, welche Leistungen Sie erbringen und bis wann bestimmte Inhalte geliefert werden sollen. Ein guter Vertrag, von dem beide Seiten profitieren, hilft.
Ansonsten halte ich es wie Carina:
„Und sobald die Fluggesellschaften, der Supermarkt nebenan und meine Krankenversicherung Tweets, Facebook-Erwähnungen und Links als Zahlungsmittel akzeptiert, bin ich die erste, die mit Begeisterung bei euch auf der Matte steht.“
Matthias Morr
02.08.2016 @ 14:02
Könnte es sein, dass es bei der Verzichtserklärung nur darum geht, dass das Recht am eigenen Bild geklärt ist? Dass Fotos von Dir gemacht werden dürfen, die das Unternehmen dann auch verwenden darf? Ich lese da nicht zwingend, dass die die Fotos haben möchte, die Du geschossen hast…
Romy Mlinzk
02.08.2016 @ 14:05
Das habe ich nachgefragt. Es ging einerseits um Fotos mit mir darauf und aber auch um die Fotos/Videos, die ich während des Events im Rahmen dieser Challenge gemacht habe. Die sollten ja dann auf der neuen Plattform erscheinen.
Romy Mlinzk
02.08.2016 @ 14:18
Hab den Passus aber jetzt noch mal ausführlicher abgetippt – dann sollte es klarer sein. 🙂
Günter Born
28.08.2016 @ 8:00
Bin durch Zufall (über G+ und das Thema „zum Auszug aus dem GZ“) beim darauffolgenden Blätter auf den Beitrag gestoßen.
Scheint, als ob der Umgang der Unternehmen mit Bloggern in diesem Bereich ziemlich verhunzen. Auf solche Angebote sollte man nicht mal antworten oder reagieren – finde ich wenigstens.
Romy Mlinzk
28.08.2016 @ 11:47
Hallo Günter! Danke für Deinen Kommentar. 🙂
Meist bin ich so nett und antworte mit dem Hinweis, was hier falsch läuft. Denn meine Hoffnung ist, dass da nur ein armer Praktikant sitzt, der es nicht besser weiß und noch was lernen kann. Meist stirbt diese Hoffnung aber leider sehr schnell. 😉