Blog, das totgesagte Wesen

Blogs werden immer wieder und in einer liebgewonnenen Regelmäßigkeit tot gesagt. Gerade in letzter Zeit trifft es die Corporate Blogs. Doch Blogs existieren bereits sehr mehr als 20 Jahren. Warum ich keinen Grund sehe, auf Blogs zu verzichten, erkläre ich in diesem Beitrag, der Teil der Blogparade „Das Blog — ein Medium von gestern?“ von Meike Leopold ist.

Warum dieser Beitrag?

Seit rund 15 Jahre blogge ich bereits. Mal mehr, mal weniger. Auf fremden und später auf eigenen Plattformen wie hier. Seitdem lese und höre ich immer wieder einen Abgesang auf das Medium. Blogs seien „Out“, das mache doch keiner mehr. Zuletzt vor Kurzem auf Twitter.

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Mit dem Siegeszug von Social Media und den unzähligen Möglichkeiten hat sich natürlich viel geändert. Doch auch das Bloggen änderte sich. Vom Tagebuch-Stil hin zu erklärenden Inhalten, die Besucher des Blogs bzw. des einzelnen Blogposts eine Frage beantwortet. Früher reichte es, ein lustiges Video zu finden und das zu verbloggen. Heute haben wir dafür Facebook, Twitter und Co. – kurze flüchtige Momente, lustige Momente im Hier und Jetzt teilen wir nicht mehr tagebuchartig und chronologisch in einem Blog oder auf einer Bloggingplattform wie Tumblr oder damals Posterous. Dafür haben wir mittlerweile ja die kurzweiligen Chroniken und Timelines unserer zahlreichen Social-Media-Präsenzen. Blogs waren vor Social-Media-Netzwerken und Plattformen unser Social Media.

Der Wandel von Blogs

Dafür sind die Blogposts weniger, oft aber auch tiefgreifender, umfassender, länger geworden. Blogs widmen sich den Themen, für die ein Tweet oder eine vergängliche Story einfach nicht genug ist. Themen, die sich nicht in 280 Zeichen pressen lassen und die einfach mehr Text, mehr Fotos – einfach mehr brauchen. Die auch nach Wochen und Monaten noch auffindbar sind. Schon mal probiert, einen Tweet oder einen Facebookstatus wiederzufinden, wenn Du dies nicht abgespeichert hast? Ohne URL oder die Ahnung, wer das wann wo geschrieben hast, stocherst Du in einem schwarzen Loch voller Möglichkeiten und oftmals ohne den Hauch einer Chance, diesen Beitrag jemals wiederzusehen.

Blogs sind heute wichtiger denn je, Deinen Content, Deine Botschaft und Ideen langfristig fest- und bereitzuhalten. Jederzeit auffindbar, immer wieder und vor allem auf einer Plattform, die einem im besten Fall selbst gehört, die Du selbst nach Deinen Wünschen und in Deinem Design gestaltet hast. Ich erinnere mich noch daran, wie Posterous zu machte und ich panisch versuchte, meine Inhalte zu sichern und so letztendlich bei meinem ersten selbstgehosteten Blog landete. Plattformen werden gekauft, dicht gemacht, verändern sich, Inhalte verschwinden, weil Account gehackt werden oder Du unter Spam-Verdacht gestellt wirst – oder Inhalte werden erst gar nicht ausgespielt, weil Algorithmen der Meinung sind, dass Deine Inhalte nicht relevant sind.

Das Blog als Heimat

Bei einem Blog hingegen bist Du viel freier. Du bestimmst Aussehen, Länge, Bildformate und vieles mehr. Auch, wann Du einen Beitrag löschst oder wann für Dich der richtige Zeitpunkt der Veröffentlichung ist. Du kannst also in Deinem Blog schalten und walten. Dazu kannst Du mit Kenntnissen in Suchmaschinenoptimierung auch in Google zu Deinen Themen gefunden werden, Dich dauerhaft in den Suchergebnissen platzieren und so auch über längere Zeit von Menschen gefunden werden, die Dich bisher nicht kannten und abonniert haben.

Dazu dient ein Blog auch als Content Hub, der Inhalte bereit hält, die gut aufbereitet sich auch als Inhalte für Social Media eignen. Darauf sollte also, vor allem bei Corporate Blogs, der Fokus Deiner Tätigkeiten liegen. Schaffe gute Inhalte, langlebige und wertige Inhalte, um mit kleinen Ausschnitten Menschen auf Deinen Social-Media-Accounts so neugierig zu machen, dass sie auf Deine Website kommen, um Deinen Blogbeitrag zu lesen. Wenn Dein Beitrag dann den richtigen Nerv beim Lesenden trifft, teilt der-/diejenige womöglich diesen dann auch auf den eigenen Social-Media-Kanälen.

Warum ich manchmal meine Blogs einstampfen würde

Bloggen ist nicht einfacher geworden mit all der Konkurrenz. Vor allem nicht als Blogger. Da werden Influencer mit Bloggern in einen Topf geschmissen und rechtliche Grundlagen machen das Betreiben eines eigenen Blogs ohne einen Anwalt und Datenschützer fast unmöglich. Denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und der Abmahnindustrie wird nach wie vor kein wirkungsvoller Hebel vorgesetzt.

Doch fangen wir mal vorne an: jedem sollte eigentlich klar sein, dass ein Blogbeitrag heutzutage mit Suchmaschinenoptimierung und gutem Content lange anhält und auch noch nächstes, übernächstes und überübernächstes Jahr relevant sein wird. Ein Beitrag in einem Blog verliert nicht so schnell an Relevanz, während Dein Instagram-Posting morgen schon wieder vom Algorithmus vergessen ist und ein Tweet noch viel schneller. Dennoch ist Influencer Marketing der „hot shit“. Meist bezeichnen sich dann einige Instagramer und Facebooker auch noch als „Blogger“ – ohne jemals auch nur im Ansatz verstanden zu haben, wie viel Arbeit eigentlich so ein Blog bedeutet. Die Arbeit, die ich gerne auf mich nehme, weil Schreiben meine Art ist, mich auszudrücken.

Von der Blogmüdigkeit…

Doch manchmal… manchmal atme ich schwer durch, wenn so etwas wie DSGVO oder die Core Web Vital-Änderungen auf uns kleine Blogger einprasseln. Ich habe keine Ahnung, wie ich mein Blog schneller machen oder alle Cookies perfekt einstellen kann, ohne viel Geld für Entwickler auszugeben – was in keiner Relation steht, denn es bringt fast nichts ein. Dazu Updates hier, Datenschutzerklärung anpassen da, dann soll noch ein Newsletter her und regelmäßig qualitativ hochwertiger Content sowie unzählige Social-Media-Accounts, die bespielt werden wollen, um Menschen auf die Texte aufmerksam zu machen.

Doch ich bin müde. Ich bin es leid, mit Instagramern verglichen zu werden oder gar zurückzustecken. Deren Fotos und Videos machen sicherlich auch viel Arbeit – doch sie müssen sich nicht um den technischen Background kümmern oder um viele rechtliche Anforderungen. Die meisten ignorieren ja auch schon gekonnt die Impressumspflicht auf ihren Social-Media-Profilen. Dazu betreibe ich die meisten meiner Blogs – also zumindest mein Hauptblog zum Thema Reisen und Kultur sowie mein kleines Hobbyblog zum Thema Musik – neben meiner Selbständigkeit. Die läuft gut, ich kann mich aktuell nicht beschweren. Doch reicht meine Zeit vorne und hinten nicht, auch wenn es meinem Business sicherlich zu Gute käme.

Das Blog ist nicht tot, es riecht nur komisch

Doch all das scheint viele Content- und Blogverantwortliche in Unternehmen mittlerweile dennoch nicht mehr zu reichen. Blogs sind zwar nicht tot, aber sie riechen komisch. Zumindest erwecken viele Corporate Blogs auf mich diesen Eindruck, da diese oftmals nicht mehr Blogs heißen. Sie haben oft ein neues Etikett bekommen, sind zu hippen Online-Magazinen oder zu Newsbereichen geworden.

Generell haben Blogs ein wenig ihrer Identität verloren, seitdem eher auf Social Media als unter einem Blogbeitrag kommentiert wird. Doch in den Corporate Blogs mit neuem Label scheint die Seele verloren gegangen zu sein. Die Objektivität hat Einzug gehalten und einige Blogposts und Blogs sind einfach austauschbar geworden. Der für mich wesentliche Punkt eines Blogs, die Persönlichkeit eines Autors, seine subjektive Meinung, scheint immer weiter in den Hintergrund zu rücken.

Auch wissen viele Leser nicht mal, dass sie sich auf einem Blog befinden. Ich selbst bekomme auf meinem Kultur- und Reiseblog snoopsmaus.de rund 75 % der Leser über Google und Pinterest, also über Suchmaschinen. Leser, die mich aufgrund einer Frage gefunden haben, in der Hoffnung, dass ich eine Antwort liefern kann. Dabei kommen manchmal auch komische Kommentare zustande, wenn mein Beitrag über eine Location z.B. als Website der entsprechenden Location missverstanden wird. Liegt wohl aber auch immer noch an der mangelnden Medienkompetenz in Deutschland – doch das ist ein anderers Thema.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Dennoch gebe ich die Hoffnung für Blogs nicht auf – und auch die Blogparade zeigt, dass es einigen weiteren Bloggern ebenso geht. Sie schreiben weiterhin, geben Wissen und Erkenntnisse weiter, teilen private Einblicke und Erlebnisse, Witziges und Trauriges und machen weiterhin das Internet zu einem guten Ort. Sie alle erhalten etwas am Leben, was andere nicht wertschätzen, als tot abtun und erhalten eine Kulturtechnik, die das Wesen des Internets ausmacht – Wissen zu teilen, auf weiteres Wissen zu verlinken, Menschen zu vernetzen und Wissen langfristig zu erhalten. Dafür liebe ich Blogs und Blogger.

Lesetipps

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